Unser Beitrag zum Umweltschutz

Seit den 80er Jahren gibt es die „Gesellschaft für Bahá’í-Studien“ in Deutschland. Damals boten die Mitglieder Studienseminare an, hielten akademische Vorträge und gaben Zeitschriften oder Bücher heraus. Mittlerweile hat sich das Handlungsmuster der Bahá’í-Gemeinde erweitert. Man lernte über Nachbarschaftsentwicklung und erkannte, dass Denken und Handeln ineinandergreifen müssen, um einen Lernprozess voranzubringen. Auch die Gesellschaft für Bahá’í-Studien wollte diese Erfahrungen aufnehmen und begann 2018 damit, Interessensgruppen zu gründen. In diesen Gruppen finden Menschen zusammen, die an einem bestimmten Thema interessiert sind, dieses im Licht der Bahá’í-Schriften betrachten und daraus Handlungen ableiten.

Thomas engagiert sich seit ihrer Entstehung in der Interessensgruppe Umwelt. Im Gespräch mit Baháí vor Ort gibt er Einblicke in deren Projekte und erklärt, welchen Beitrag die Interessensgruppe zum Fachdiskurs leisten kann. 

Erster Schritt: Lernen 

Foto: Maryam Hadji
Rund um das Europäische Haus der Andacht gibt es viele umweltnahe Projekte.

BÜCKEBURG, Niedersachsen. „Mit fünf bis zehn Freunden fing es an,“ erinnert sich Thomas an die Gründung der Interessensgruppe. „Aber es waren dann schnell 30 Leute, die sich alle mit dem Thema Umwelt – basierend auf den Bahá’í-Schriften – beschäftigen wollten.“ Es begann ein spannender Findungsprozess. Anfänglich herrschte in der Gruppe die Vorstellung, dass sich hier ein Team von Expertinnen und Experten treffe, das anderen beibringen könnte, wie man umweltfreundlich lebt. Doch nach intensivem Studium einiger Botschaften des Universalen Hauses der Gerechtigkeit (Höchste gewählte Institution der Bahá’í, die regelmäßig Führung gibt, unter anderem dazu, wie man angesichts der aktuellen Weltlage im Sinne der Bahá’í-Schriften leben kann.) über Klimafragen und das Ziel von Interessensgruppen erkannte das Team, dass das eigene Lernen im Mittelpunkt stehen muss, wenn man sich weiterentwickeln will. 

Ein erstes Lernfeld bot das Haus der Andacht, das umgeben von landschaftlich reizvoller Natur in Langenhain steht. Die Gruppe erkannte bald, dass sich das dort zuständige Team bereits viele Gedanken über Umweltprojekte gemacht hatte. Es bildete sich schnell eine „Arbeitsgruppe Tun“, die sich für Aktionen im Umfeld des Hauses der Andacht engagierte und sich bis heute gemeinsam mit einem Team vor Ort dafür einsetzt, dass dort umweltnahe Projekte entstehen. 

Dem Beispiel `Abdu’l-Bahás folgen 

Eine zweite Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit einem Landwirtschaftsprojekt, das `Abdu’l-Bahá (`Abdu’l-Bahá war der älteste Sohn Bahá’u’lláhs, des Stifters des Bahá’í-Glaubens. Als Oberhaupt der weltweiten Bahá’í-Gemeinde wurde er als angesehener Verfechter für soziale Gerechtigkeit und Botschafter für den internationalen Frieden bekannt.) zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Dorf ‚Adasíyyih am Jordan entwickelte. Thomas erzählt: „Was zunächst ein Stück unkultiviertes Brachland war, wurde mit der Zeit zu einem landwirtschaftlichen Vorzeigeprojekt, in dem eine Vielfalt an Getreide, Obst und Gemüse angebaut sowie Viehzucht äußerst erfolgreich betrieben werden konnte. Gleichzeitig wurde eine eigenständige Gemeinde geschaffen mit Verwaltung, Schulen, Handwerk und Gesundheitssystem.“ Und er ergänzt: „Dieses Projekt war so ertragreich, dass es mit großen Getreidelieferungen im ersten Weltkrieg eine akut drohende Hungersnot in den Städten Akká und Haifa verhindern konnte.“ 

Foto: Archiv
`Abdu’l-Bahá lässt Gertreide aus `Adasíyyih holen, als eine Hungersnot in Haifa und Akká droht.

Die Arbeitsgruppe studierte das Projekt nicht, um es eins zu eins an einem anderen Ort durchzuführen, sondern um seine grundlegenden Zusammenhänge und Strukturen sowie die notwendige Haltung zu verstehen und diese dann auf andere Fragestellungen anzuwenden. So konnten wertvolle Erkenntnisse mit einem Mitglied der Gruppe geteilt werden, das zuvor ein eigenes Urban Gardening Projekt gestartet hatte. Thomas berichtet: „Aufgrund ihrer Expertise und ihres Einsatzes hat die Freundin es geschafft, auf einem kleinen Acker von 1.000 m² für 80 Familien das gesamte Gemüse einer ganzen Saison zu erzeugen. Und das Erstaunlichste war: Der Boden war danach fruchtbarer als vorher! Für die Freundin war es interessant, ihr Projekt mit den Erkenntnissen aus ‚Adasíyyih zu beleuchten und dadurch grundlegende Probleme besser zu verstehen.  

In den Diskurs gehen 

Als nächsten Schritt plant die Interessensgruppe, sich in den Umwelt-Diskurs mit Praktikern vor Ort zu begeben, wie z.B. mit Landfrauen. Thomas ist überzeugt, dass die Lehren des Bahá’í-Glaubens hier einen essenziellen Beitrag zum langfristigen Gelingen umweltfördernder Projekte leisten können. Er sagt: „Das Fachwissen über solche fortschrittlichen Entwicklungen wie solidarische Landwirtschaft ist bei den Landfrauen vorhanden. Wir bieten eine bestimmte Haltung an und haben eine Vorstellung davon, wie man gut miteinander lebt. Wenn man das zusammen kriegt, sind wir wirklich nützlich.“ 

Um zu lernen, wie Bahá’í-Gedanken zum Thema Umwelt in den Diskurs eingebracht werden können, hat die Interessensgruppe sogenannte Diskurskarten entwickelt. Thomas erläutert: „Jeder von uns ist ständig in Diskursen, wir machen uns das aber nicht bewusst. Wir sollten uns fragen: Wie bereichert man einen laufenden Diskurs mit geistigen Inhalten? Wie entsteht eine geistige Diskursgemeinschaft? Und vor allem: Wie verfolgen wir als Gemeinschaft fokussiert ein längerfristiges Ziel im Diskurs?“ Die Diskurskarten sollen diesen Prozess unterstützen. Jede Karte behandelt ein anderes Thema aus dem Umweltbereich, wie zum Beispiel den Umgang mit Tieren. Dazu liest man Zitate aus den Bahá’í-Schriften und wird angeregt, sich darüber auszutauschen, was diese Zitate beispielsweise für die Massentierhaltung bedeuten. Ein solches Vorgehen hilft einem auf Dauer dabei, auch in anderen Alltagssituationen Gespräche mit Bahá’í-Inhalten zu bereichern. 

Foto: Natur – Umwelt – Klima, Diskurskarten der Interessensgruppe Umwelt
Die Interessensgruppe hat Karten erstellt, mit deren Hilfe man mit geistigen Inhalten zum Umwelt-Diskurs beitragen kann.

Die Diskurskarten sind in Kürze im Bahá’í-Verlag und ab sofort digital erhältlich.

Wenn Sie sich auch in der Interessensgruppe Umwelt engagieren möchten, melden Sie sich unter gbs(at)bahai.de.

Weitere Informationen zur Haltung der Bahá’í-Gemeinde zur Umwelt können Sie in der Erklärung der Bahá’í International Community vom 1. Juni 2022 nachlesen.

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