Den Familien kommt im Bahá’í-Glauben eine ganz besondere Bedeutung zu: „Bahá’u’lláh kam, um der Welt Einheit zu bringen, und die Familie ist eine grundlegende Form der Einheit.“1 Im Großraum Ruhr haben sich einige Bahá’í-Familien zusammengefunden und mit dem „Familiencamp“ einen regelmäßigen Raum geschaffen, in dem Familien aus der Region zusammenkommen, sich austauschen und stärken können.
NETTETAL, Nordrhein-Westfalen. Anfang Oktober 2024 trafen sich neun Familien aus dem Großraum Ruhr für drei Tage im Nettetal. Es war bereits das dritte Familiencamp dieser Art. Während die Erwachsenen sich in einem Studienkreis mit dem Thema „Materielle Mittel“ beschäftigten, kamen die Kinder und Junioren in eigenen Gruppen zusammen und lernten etwas über die Gottesoffenbarer des Bahá’í-Glaubens – Báb und Bahá’u’lláh. Tägliche Gemeinschaftsaktivitäten wie ein Waldspaziergang oder ein Kunstprojekt rundeten das Programm ebenso ab wie die gemeinsamen Andachten, bei denen die Kinder auswendig Gebete sprachen und zusammen sangen.
Mona aus Essen war in die Organisation des Familiencamps involviert und erlebte die Entwicklung mit. „Das ist sehr klein und zart entstanden“, berichtet sie. Ein paar Familien hatten gemeinsam einen Kurs in den Ferien gemacht, bei dem ihnen die Dynamik so sehr gefallen hatte, dass der Wunsch aufkam, regelmäßig einen solchen Raum zu kreieren. Mona erinnert sich: „Wir haben gesagt: ‚Das war doch schön! Lass uns das doch nochmal machen – und ein bisschen systematischer!‘“

Ein Familiencamp planen
„Es fing ganz einfach damit an, dass die Familien ein Datum festgelegt haben und geschaut haben, welche Jugendherberge frei ist“, erklärt Mona. Für die Planung wurden die bisherigen Erfahrungen reflektiert und Wünsche, die beim vorangegangenen Camp aufgekommen waren, berücksichtigt. Zum Beispiel achtete das Organisationsteam bei der Buchung der Zimmer auf dazugehörige Badezimmer, eine Anregung der Teilnehmenden des letzten Camps. Als nächstes wurde ein Anmeldelink verschickt. „Anhand der Anzahl der Anmeldungen hat sich dann herauskristallisiert, was gebraucht wird“, beschreibt Mona die weitere Planung. „Dann haben wir die Stäbe an die Kinderklassenlehrer und Animatoren2 abgegeben.“
Am letzten Abend des Camps setzten sich das Organisationsteam und die Leitenden des Programms zusammen und reflektierten die Erfahrungen. Dabei fiel ihnen auf, dass die Altersspanne in der Gruppe der Kinder sehr weit war. Bei der Beratung entstand die Idee, dass man beim nächsten Familiencamp nicht nur auf das in der Anmeldung angegebene Alter schauen, sondern auch die Reife der Kinder individuell mit einbeziehen kann.
In dem gesamten Organisationsprozess wurden die Hauptverantwortungen von den Müttern getragen. Mona – selbst Mutter von zwei Kindern – freut sich darüber: „An sich haben die Mütter viel in der Hand!“ Dabei konnten sie auf die engagierten, oftmals musikalischen und künstlerischen Beiträge der Väter zur Programmgestaltung zählen.
Geschichten über die Gottesoffenbarer
Eine Besonderheit des Camps im Nettetal war, dass es ein paar Wochen vor zwei großen Feiertagen im Bahá’í-Glauben stattfand: Die Geburt des Báb und die Geburt Bahá’u’lláhs werden dieses Jahr Anfang November gefeiert. Davon inspiriert erstellte das Planungsteam des Kinder- und Juniorenprogramms Materialien über das Leben der beiden Gottesoffenbarer. Zentral waren dabei Geschichten aus dem Leben des Báb und Bahá’u’lláhs, die den Jüngeren auf teils kreative Art und Weise nahegebracht und daraufhin von den Juniorjugendlichen in der Altersgruppe von 12 bis 15 Jahren auch selbst erzählt wurden.
Auch Mona findet, dass das Camp eine gute Gelegenheit war, auf die heiligen Persönlichkeiten des Glaubens einzugehen: „Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass man die Kinder auf die Feiertage vorbereitet. […] Jetzt haben sie einen viel engeren Bezug zu dem, was jetzt bevorsteht.“ Der Mutter fällt auf, wie präsent in der europäischen Gesellschaft Weihnachten ist: „Meine Kinder und wahrscheinlich auch alle anderen Kinder fragen ständig: ‚Feiern wir Weihnachten? Kriegen wir auch Weihnachtsgeschenke?‘“ Mona betrachtet es daher als essenziell, den Kindern die zentralen Personen des Glaubens nahezubringen: „Wenn man als Antwort die Bahá’í-Feiertage betont, sie vorbereitet und die Liebe zu Bahá’u’lláh in den Kindern stärkt, sodass sie sich auf die Geburtstage [des Báb und Bahá’u‘lláhs] freuen, ist das – finde ich – ein sehr schöner Anfang und Impuls!“
Es geht weiter
Mona fällt auf, dass nach dem Camp im Nettetal Familien, die sonst nicht so präsent waren, plötzlich zu den Gemeindefesten kamen, die alle 19 Tage stattfinden: „Man hat bei dem Camp mit den Familien gesprochen und hat diese Freundschaften aufgebaut. Dann hat man sich einfach gefreut, sich Montag Abend nochmal beim Neunzehntagefest wiederzusehen!“ Eine der Familien veranstalte zudem einen der anstehenden Feiertage bei sich zu Hause.
Das weitere Ziel sieht Mona darin, regelmäßige Camps im Ruhrgebiet und der Region zu etablieren, „zu denen man ganz unkompliziert seine Freunde einladen und ihnen auch den Glauben vorstellen kann.“ Sie findet es notwendig, „dass es einen Raum gibt, in dem Familien zusammenkommen, sich austauschen und sich annähern.“ „So wie die Jugendlichen einen Raum brauchen, brauchen auch die Familien einen Raum, wo sie […] Gedanken und Ideen austauschen können und sich auch gegenseitig stärken.“