Jugendliche öffnen ihr Zuhause für das gemeinsame Gebet

In den Bahá’í-Schriften steht: „Gebet ist Zwiesprache mit Gott. … Sie schafft Geistigkeit, Bewusstheit und himmlische Gefühle.1 Eine Gruppe von Jugendlichen aus München erlebt die Wirkung von Gebeten jede Woche gemeinsam, wenn sie sich zur Andacht trifft. Bahá’í vor Ort hat sich mit den Schwestern Viki und Roni getroffen, die seit 2019 Teil des Orga-Teams sind. Sie erzählen, was die Andacht bewirkt und welche Lernerfahrungen sie gesammelt haben.

Wie hat sich die Andacht in den letzten Jahren entwickelt?

MÜNCHEN, Bayern. „Als wir 2019 zusammen nach München gezogen sind, hatten wir den Wunsch, in unserer neuen Wohnung gemeinsam mit anderen zu beten. Wir haben dann jede Woche zur Jugendandacht eingeladen. Während der Corona-Pandemie ging es online weiter. Danach probierten wir ein neues und flexibleres Konzept aus. Die Andacht fand nun an mehreren Standorten, zu unterschiedlichen Zeiten und an verschiedenen Tagen statt, sodass viele Freunde daran teilnehmen konnten. Die Gastgeber trafen sich regelmäßig zur Reflexion.”

Was hat sich verändert, seitdem es auch andere Gastgeber gibt?

Jede Andacht ist individuell, je nachdem, wer Gastgeber ist. Daraus entsteht eine wundervolle Vielfalt. © Viktoria Kesseler

„Einmal war es natürlich für uns entspannter. Zudem kamen mehr Jugendliche, da unsere Wohnung nicht für jeden gut zu erreichen war. Und nach einiger Zeit konnten wir feststellen, dass es sehr erfrischend war, wenn der Abend jedes Mal anders gestaltet wurde. Es öffneten nämlich immer mehr Freunde anderer Religionszugehörigkeiten und Kulturen ihre Wohnung für das gemeinsame Gebet. Es gibt eben nicht die eine Art, wie eine Andacht ablaufen muss. Jeder bringt seine eigenen Ideen ein. Mittlerweile haben wir so viele Andachtsgastgeber, dass man fast zwei Monate warten muss, bis man wieder dran ist. Aktuell müssen wir uns überlegen, ob wir mehrere Treffen pro Woche organisieren. Es ist wichtig, dass unser Konzept nie starr ist, sondern sich weiterentwickelt und dynamisch den Gegebenheiten anpasst.”

Wer kommt zu den Andachten?

„Obwohl unser Fokus bei den Einladungen auf Jugendlichen liegt, sind auch Ältere herzlich willkommen. Wir laden über eine WhatsApp-Gruppe ein, sprechen aber auch Kommilitonen in der Uni oder Nachbarn an. Es können auch Leute teilnehmen, die nicht beten, sondern einfach mit Freunden einen Moment der Stille genießen wollen. Die Gruppe ist jedes Mal anders zusammengesetzt und das macht die Treffen sehr vielfältig. Manchmal ist das ganze Wohnzimmer voll und ein anderes Mal betet man zu zweit. Egal wie, es ist immer wunderschön und man geht danach gestärkt zurück in seinen Alltag.”

Wie erklärt ihr euren Freunden, wozu ihr sie einladet?

„Unser Team reflektiert regelmäßig darüber, wie wir zur Andacht einladen. Wir haben gelernt, dass es hilfreich ist, Fotos und Videos zu teilen, um die Atmosphäre der Andacht besser vermitteln zu können. Gleichzeitig fällt uns auf, dass viele Menschen den Wunsch zu beten bereits in sich tragen. Neulich hatte ein Freund seine Arbeitskollegen dabei. Die dachten bis dahin, dass Bahá’í-Aktivitäten etwas Exklusives sind, da der Freund zwar oft von seinem Glauben erzählt hatte, sie aber bis dahin nie proaktiv zu einem Treffen eingeladen hatte.”

Durch das gemeinsame Beten sind unter den Jugendlichen starke Freundschaften entstanden. © Viktoria Kesseler

Was bewirkt die Andacht?

„Unsere Freundschaften sind im Laufe der Zeit durch das gemeinsame Beten und die bedeutsamen Gespräche gestärkt worden. Jedes Treffen beginnt mit einer Frage, die nicht alltäglich ist, auf die aber auch jeder eine Antwort finden kann. Es wurde zum Beispiel schon gefragt: ‘Was bereitet dir Freude?’ oder ‘Wenn du allen Menschen eine Sache sagen könntest, was wäre es?’. So kann sich jeder einbringen und man lernt etwas Neues voneinander. Es war einmal eine Freundin dabei, die zuerst sehr skeptisch war. Im Anschluss meinte sie dann aber: ‘Das war genau das, was ich jetzt gebraucht habe.’”

Es gibt auch Andachten in Ihrer Nähe. Wenn Sie daran teilnehmen möchten, melden Sie sich gerne unter kontakt(at)bahai.de.

Fotos: Viktoria Kesseler

  1. ’Abdu’l-Bahá, zitiert in Ruhi-Buch 1, Gebet – Abschnitt 3 ↩︎

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